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08.
November 2024

S. Krewinkel: Finanzplatz Deutschland – DAX und was noch?

If you want a guarantee, buy a toaster! In seinem neuen Stammtisch blickt Stefan Krewinkel auf die Situation des Finanzplatzes. Von der Kapitalmarktunion über nachhaltige Investments bis zum Hoch des DAX und den Chancen für Nebenwerte.

(Foto: BankM AG; pixaby.com | FelixMittermeier)

Das mit den Latschen ist eins, wenn jetzt noch SAP die Flitze macht, wird es wirklich peinlich. Am Finanzplatz sollten sie erstmal die Lage analysieren und nicht schon von der Position in der Kapitalmarktunion träumen.

Naja, es bietet sich doch tatsächlich an, das Aktienhandelssystem XETRA europaweit zu nutzen.

Dafür opfert Paris die ‚Euronext‘ mit Sitz in Amsterdam und bekommt den Bondhandel, mit Eurobonds.

Einzig und alleine darum geht es der EU bei der Kapitalmarktunion doch. Amsterdam und Wien bekommen ein Goodie wie die Zentrale für den digitalen Euro oder das Optionssettlement, während Paris, Mailand und Madrid endlich ihre Eurobonds und Frankfurt den Aktienhandel sowie die Geldwäschebehörde bekommen.

Das sind strategische Gedankenspiele, aber keine Analyse. Also, wie ist die Situation des Finanzplatzes?

Die EU baut auch auf die Kapitalmarktunion, um auf mehr privates Kapital für die Finanzierung des Green Deals zugreifen zu können. Daher arbeiten die angeblich auch am europäischen Vermögensregister.

Der Bund-Future ist wegen der Vorbildfunktion des Schuldners der liquideste Anleihefuture in Europa.

Und der DAX-Future auf der Aktienseite. Obwohl die Marktkapitalisierung des DAX nicht einmal der Hälfte des deutschen BIPs entspricht. Das sieht in UK, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz anders aus.

Der DAX hat sich in den letzten Jahren deutlich besser entwickelt als der M-DAX und notiert am Allzeithoch.

Das ist doch schon mal was. Sieht aus, als seien die Teilnehmer der Champions League wettbewerbsfähig.

Nur klemmt‘s besonders bei der zweiten Reihe. Wenn die Marktkapitalisierung nur das halbe BIP darstellt, finden viele monetäre Kreisläufe am Kapitalmarkt vorbei statt. Aber Hauptsache, es funktioniert.

Es stottert aber immer mehr. Der eher lokale Bias der zweiten Reihe ist schon lange kein Heimvorteil mehr, da diese stärker unter den politisch induzierten Nachteilen wie gestiegenen Energiepreisen und ausufernder Bürokratie und daher auf der Gewinnseite leidet. Die DAX-Werte gleichen diese Belastungen mit Gewinnen aus ihren globalen Standorten aus, während die Nebenwerte mehr vor Ort produzieren. Sie sind auf diesem tiefen Niveau für viele Investoren im Angesicht der schlechten konjunkturellen Meldungen immer noch nicht attraktiv. Und eine Auslandsinvestition stellt für diese Unternehmen oftmals einen zu großen Schritt dar.

Sollen sie halt hierbleiben. Es liegt doch nicht an der Ampel, dass die Finanzierung der Energiewende über den Kapitalmarkt nicht gelingt. Gerade jetzt, wo doch das private Kapital so dringend dafür benötigt wird.

Timing ist keine Stadt in China. Aber die Vorwürfe des „Green-Washing“ konnten nur wegen der unklaren Vorgaben entstehen. Und die erstellt wer nochmal genau? Egal, tatsächlich gelang es nicht, eine Mode der Sustainable Investments im Zuge einer erhofften Euphorie über die Geschäftsaussichten der Transformation nachhaltig zu etablieren. Lediglich in Europa wird noch ein bisschen Geld in solchen Töpfen neu angelegt.

Das dürfte Mitläufergeld sein. Da Moral keine Währung ist, akzeptiert die Wall Street Modethemen nur, wenn man damit Geld sparen oder verdienen kann. Und da das immer weniger absehbar ist, bricht diese Welle.

Wir brauchen einen Sog, um Fachwissen wieder hier an der Keimzelle anzusiedeln. Wir hatten deutlich mehr Experten in deutschen Nebenwerten, alleine schon wegen der bekannten Aktien in der zweiten Reihe.

Die sind in den letzten Jahren aber in die Zange genommen worden. Neue Hürden des Anlegerschutzes haben deren Fachwissen über Bande verteuert und der DAX lief deutlich besser. Deswegen schichteten immer mehr Anleger ihre Nebenwertefondsanteile in den DAX um. Dadurch mussten selbst Fondsmanager, die besser als ihre jeweilige Benchmark abschnitten, unfreiwillig trendverstärkend verkaufen. Zudem fallen sie jetzt mangels Kasse als Käufer nach schlechten Unternehmensmeldungen auf tieferem Niveau aus.

Da hatten einige von ihnen dank ihrer Erfahrung tatsächlich ein gutes Händchen bewiesen. Und die Branche beginnt langsam, nach der jahrelangen Underperformance von Nebenwerten, deren baldige Renaissance zu bewerben, weil die sich ‚auf lange Sicht schon immer besser‘ als die großen Werte entwickelt haben.

Aber eben nicht in den letzten Jahren. Warum soll ich ausgerechnet jetzt wieder umschichten? Reklame und die übrig gebliebenen Schlauköpfe alleine reichen nicht, die Anbieter müssen vielmehr etwas garantieren.

If you want a guarantee, buy a toaster! Aber es fehlt wirklich ein wenig ‚skin in the game’. Noch ‘ne Runde?

 

„You gotta have two things to win. You gotta have brains and you gotta have balls.“

        Neulich war es Sylvester Stallone in „Rocky Balboa“

… und wer weiß, wie es geht?

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