
S. Krewinkel: Umkehr – Wie können IPOs in Deutschland häufiger gelingen?
Der DAX hat seit Jahresbeginn 20% zugelegt und trotzdem wurden die geplanten IPOs von AutoDoc und Brainlab kürzlich abgesagt. In seinem neuen Stammtisch diskutiert Stefan Krewinkel die Gründe dafür und blickt dafür auch über den Atlantik.
(Foto: BankM AG; pixaby.com | FelixMittermeier)
Mit Börsengängen tut sich Deutschland dieser Tage schwer. Während AutoDoc eher zu teuer gepreist war und wohl hauptsächlich Hedge-Fund-Orders im Zeichnungsbuch hatte, ist bei Brainlab die Kommunikation unglücklich verlaufen. Wenn jemand zwei Tage vor Zeichnungsschluss bekanntgibt, am unteren Ende der Bookbuildingspanne von Long-only mehrfach überzeichnet zu sein, sollte es dann auch bitte so sein.
Was ist denn der Unterschied zwischen Hedge Fund und Long-Only-Orders?
Hedge Funds verkaufen die ihnen zugeteilte Position häufig am ersten Tag, weil sie auf Zeichnungsgewinne spekulieren, während Long-Only-Investoren an die langfristige Perspektive der Equity Story glauben.
Aah, wenn sehr viele Hedge Fund-Orders im Buch sind, werden am ersten Handelstag viele Aktien verkauft.
Davon kann man dann ausgehen. Und wenn der Kurs fällt, war ein IPO nicht erfolgreich. Andererseits hilft es dem Marktumfeld auch nicht, dass die Volumina der Long-Only-Fonds seit Jahren rückläufig sind. Denn ETF-Manager zeichnen keine Aktien, die warten bis eine Aktie in einem Index aufgenommen wird. Schauen wir mal, ob die Deutsche Börse das mit ihrer Tochter ISS Stoxx hinbekommt.
Nicht, dass die an die Wall Street gehen. Da flutscht es gerade besser mit Neuemissionen.
Nicht nur das. Selbst Astra Zeneca überlegt, von London an die Wall Street zu wechseln. Es scheint, dass die Wirtschaft nicht findet, dass Herr Trump so viel falsch macht, wie man ihm immer unterstellt.
Er scheint gar nicht so viel gemacht zu haben, eher hat sich die Stimmung gedreht. Gegenwärtig verfolgen wohl ehrgeizige junge Staatsanwälte Kartellklagen gegen Asset-Manager, die eine stärkere Beachtung von Net-Zero-Policies bei Unternehmen forderten. Also beispielsweise die Abkehr von Kohle und Gas. Sollten die Forderungen dieses „Acting in Concern“ umgesetzt werden, würden Energiepreise für den Verbraucher steigen, so der Vorwurf der Anklage. Könnt ihr euch vorstellen, dass jemand die EU-Kommission verklagt, weil die Kakaopreise wegen der Entwaldungsrichtlinie steigen?
Da ginge es nicht nur um die Kakaopreise. Aber die Diversity-Programme hat er abgeschafft, oder?
Auch das wohl nicht. Es gibt aber Klagen gegen Unternehmen, die mit dem Ziel der Erfüllung einer Quote andere potenzielle Arbeitnehmer diskriminieren würden. Deswegen ändern viele Unternehmen gerade ihre Diversity-Policies. Die Deutsche Telekom hat beispielsweise ihr DEI-Programm einer sorgfältigen Prüfung unterzogen, um die Genehmigung für die Übernahme eines Wettbewerbers zu erhalten, während SAP als großer Kunde der US-Regierung das Ziel einer Frauenquote von 40% gestrichen hat.
Da wurde aber auch Schindluder getrieben. Der Vorstand der Deutschen Bahn hat einen Bonus erhalten, weil er die Frauenquote angehoben hatte, während die Pünktlichkeit der Züge sich verschlechterte.
Hier muss tatsächlich ein neuer Weg eingeschlagen werden, der jetzige führt mit Blick auf Wirtschaft und Wohlstand eher in die falsche Richtung. Arcelor Mittal hat bekanntgegeben, die Werke in Eisenhüttenstadt und Bremen trotz in Aussicht gestellter Subventionen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro wegen fehlender Wirtschaftlichkeit nicht auf grünen Stahlbetrieb umzustellen. Stattdessen werden sie grünen Stahl in einem Elektrolichtbogenofen in Dünkirchen herstellen, weil der in Frankreich hergestellte Nuklearstrom gemäß EU-Taxonomie grün ist. Herr Klingbeil spart Geld und Deutschland verliert Arbeitsplätze.
Aber Salzgitter und neuerdings auch wieder ThyssenKruppSteel werden ihre Pläne für die Herstellung von CO2-neutralem Stahl, mit Unterstützung von Subventionen, umsetzen. Die neuen Werke werden H2-ready sein. Solange die Versorgung mit grünem Wasserstoff nicht möglich ist, werden sie mit Erdgas betrieben.
Das werden sie ein paar Jahre, da es bei der zukünftigen Energiepolitik ein paar Hürden gibt. Frau Reiche möchte Gaskraftwerke ausschreiben, um die Kohle abzulösen. Sie bekommt aber keine EU-Subventionen durch, da die Dinger ja CO2 emittieren. Die potenziellen Betreiber verlangen aber finanzielle Unterstützung, weil die Laufzeit nicht klar ist. Also ist es plausibel, wenn die Wirtschaft außerhalb Deutschlands investiert.
Genau, das neue Klimaziel für 2040 soll 90% niedriger gegenüber dem CO2-Ausstoß von 1990 sein, nach 55% niedriger bis 2030. Das ist sportlich, da die tiefhängenden Früchte gepflückt sind. Noch eine Runde?
„Every passing minute is another chance to turn it all around.“
Neulich war es Mark Wahlberg in „Shooter“
… und wer ist hier so optimistisch?